25. April 2012

Unfall – wenn der Vorfahrtsberechtigte zu schnell war …

Entscheidungsrelevante Norm: § 8 StVO

Das Landgericht Dresden hatte über einen Verkehrsunfall mit folgendem Unfallhergang zu entscheiden:

Der Unfall ereignete sich an einer Kreuzung. Der Beklagte hatte die Vorfahrt zu beachten. Er hielt kurz an der Kreuzung, fuhr dann in die Kreuzung hinein und hielt erneut, als er das Fahrzeug des Klägers (zu spät) herannahen sah. Der Beklagte befand sich mit seinem Fahrzeug also bereits recht weit auf der Kreuzung. Der herannahende Kläger fuhr allerdings mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit – 95 kmh statt der erlaubten 50 kmh. Der Kläger wich dem Fahrzeug des Beklagten aus und prallte gegen einen Lichtmast. Die beiden Autos stießen nicht zusammen.

Das Gericht hatt nunmehr über die Schuldfrage zu entscheiden. Das Urteil erging am 30.06.2011 und fiel wie folgt aus:

Das LG Dresden sah hier eine überwigende Schuld bei dem mit deutlich erhöhter Geschwindigkeit fahrenden Kläger. Es sprach diesem die volle Haftung für den Unfall zu, ungeachtet dessen, dass der Unfall für den Wartepflichtigen nicht unvermeidbar war, der Beklagte also in gewisser Weise mitursächlich für den Unfall war.

Erhebliche Geschindigkeitsüberschreitungen durch Vorfahrtsberechtigte  würden zu einer erheblichen Mithaftung des Vorfahrtsberechtigten führen. Bei einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit um das Doppelte hatte bereits das Kammergeicht Berlin (Urteil vom 22.06.1992, Az. 12 U 326/02) entschieden, dass dies zu einer Alleinhaftung des Vorfahrtsberechtigten führen kann.

So sah es das LG Dresden auch in dem ihm vorliegenden Fall. Das Einfahren des Beklagten in den Kreuzungsbereich sei zwar die Ursache für die Ausweichreaktion Klägers gewesen. Der Unfall habe aber sein maßgebliches Gepräge in der deutlich überhöhten Geschwindigkeit um bewiesenermaßen fast 100% gehabt. Die befanden die Richter als derart schwerwiegend, dass ausnahmsweise die vom wartepflichtigen Beklagtenfahrzeug gesetzte Betriebsgefahr zurücktrat.

(LG Dresden, Urteil v. 30.06.2011, Az.: 3 O 3102/10)

In Kategorie: Geschwindigkeitsverstoß, Verkehrsunfall